Fechter

Psycho-Thriller nach wahren Begebenheiten

Über den Tatsachen-Roman

Auszüge aus dem Leben eines jungen Söldners.

Nach seiner Zeit bei der Fremdenlegion arbeitet er für jeden, der, wie er, sich gegen Terroristen wendet - und ihn dafür bezahlt. Ob z. B. im Libanon oder im Einsatz für Geheimdienste, Wolf Fechter, der Protagonist, ist Söldner aus tiefster Überzeugung.

Bis zu dem Tag, als man ihn zum Narren hält und sich weigert, ihn zu bezahlen.

Folgen Sie Wolf Fechter u. a. nach Spanien, in den Libanon, die Niederlande und durch Deutschland.

Der erfolgreiche Roman Fechter ist ein dynamischer Thriller, dessen Haupthandlungen sich in der Zeit von Anfang bis Ende der 1980er Jahre ereigneten.

Der Action-Thriller Fechter bietet Ihnen ein intensives Leseerlebnis.
Gebundene Ausgabe

Fechter

Psycho-Thriller von

Olaf W. Fichte

Fechter: Fünfzehnter Teil

Autor: Olaf W. Fichte (Kommentare: 0)

Anstatt endlich tot umzufallen, ritt Peter eine Attacke auf meine Gutmütigkeit. Die Polizei sei hinter ihm her. Deshalb musste er aus Deutschland verschwinden. Nun sollte ich ihm weiterhelfen, legte er fest, ohne sein Anliegen in eine Frage oder Bitte zu kleiden.
Wäre ja noch schöner. An die Fischer werde ich dich verhökern. Reichlich Köder für einen Winter. Die werden sich freuen. Gibt es eigentlich Haie im Mittelmeer? Rosi und Gregor wollten in der Gegend ein bis zwei Wochen Urlaub machen. Und Werner, der sie in seinem weißen Mercedes nach Estepona brachte, fahre bereits am nächsten Tag nach Deutschland zurück.
War schon richtig von mir, seine Intelligenz hervorzuheben.

Aus der Raubtierfütterung wurde dann leider doch nichts. Schuld daran war Ulli, der im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte behauptete, es sei ein unerforschtes Phänomen, dass Haie zwar alles verschlangen, was ihren Weg kreuze, aber um dicke bärtige Buchhändler einen weiten Bogen machten. Völliger Unfug, dachte ich mir, und nahm vom Köder-Gedanken Abschied.

Am Abend holten meine vier ungebetenen Gäste ihre Schlafsäcke aus Werners rostigem Vehikel und zogen zum Strand, um sich einen Schlafplatz für die Nacht zu sichern. Ganz bestimmt würde ihnen das Glück dabei hold sein, denn die Übernachtung am Strand war verboten. Die Genossen ahnten nicht das Mindeste. Und in all dem Trubel vergaß ich alter Schusselkopf, sie aufzuklären.
Lebensbejahend trat ich meinen Dienst in der Pasteleria an.

Martin meldete sich zur gewohnten Zeit in der Nacht. Ich erstattete Bericht.
„Wir werden der Sache nachgehen“, versprach er.
Etwas stimmte nicht mit ihm. Entweder vollführte er kurz vor seinem Anruf den Hengst oder er stand unter Drogen. Anders konnte ich mir sein Verhalten nicht erklären. Wir sprachen, das heißt, er plapperte ungefähr zehn Minuten. Ohne jeden Ernst. Es schien, als tangiere ihn das alles nicht. Er erzählte schmierige Witze, berichtete vom Wetter in München und einem verblödeten Fahrradfahrer, den er am Nachmittag bei Pullach mit achtzig Sachen von der Fahrbahn schubste. Amüsierte sich über die Obrigkeitshörige deutsche Justiz, die das Verfahren gegen ihn einstellen und mit dem Vermerk „Täter unbekannt“ zu den Akten legen würde. Schon immer habe er gewusst, den richtigen Job gewählt zu haben.
Ehrlich gesagt, er ging mir mächtig auf den Geist. Ich sagte ihm, dringend auf Toilette zu müssen und legte auf.
Als höflicher Mensch und Überlebenskünstler lag für mich die Kunst etwas zu sagen oftmals darin, es nicht zu sagen.

Zwei Zigaretten und drei Tassen Kaffee später ging ich aufs Klo. Und wie ich da so stand und an mir herab ins weiße Porzellan starrte, wurde mir auf einmal klar, dass ich mich mit Kleinigkeiten aufhielt. So wie bisher konnte es nicht weiterlaufen. Ich hatte mich auf meine eigentliche Aufgabe zu konzentrieren, in Geduld zu üben und nicht mit Nebensächlichkeiten zu belasten.
Es war an der Zeit, dass der Wolf seine falsche Schafspelzstola abwarf. Weiter vorn gab es noch einiges zu bewegen.
Und ich bewegte.
Vor allem Flaschen und Gläser.

Erstaunlich, wie groß die Kluft zwischen Theorie und Praxis sein kann. Es saß tief in mir, hatte sich festgefahren wie ein voll beladener Lastkraftwagen im Dünensand – der Glaube, dieses Mal zu versagen. Du musst Geduld haben, sagte ich mir. Geduld, Geduld, Geduld. Freilich, was denn noch alles? Ich hasse Untätiges herumhängen, konterte ich und pendelte drei Tage zwischen meinem Büro, Teresas Cerveceria und dem IPANEMA.

Ab und zu schwankte ich Rosi, Peter und Gregor in die Arme. Manchmal, wenn es mir nicht mehr so recht schmecken wollte und sich schleichend die Müdigkeit in meine Glieder einzunisten drohte, suchte ich die Gegend nach ihnen ab. Es war zu schön, und funktionierte immer wieder – ihre Anwesenheit steigerte mein Verlangen nach Alkohol. Übrigens schliefen sie noch immer jede Nacht am Strand. Die spanischen Bullen vermutlich auch.

Niemals zuvor leistete ich einen vergleichbar großen Beitrag zur regionalen Wirtschaftsförderung eines Landes. Und erstmals machte ich die Erfahrung, was in einem Menschen vorgeht, der einige Stunden seines Lebens nicht mehr nachvollziehen kann. Da war mir dann doch etwas unpässlich. Gevatter Alkohol nahm sie mir – verschlang meine kostbare Zeit. Hinterließ Frust und eine Erfahrung, auf die ich ohne Weiteres hätte verzichten können.

Als Seiler am Dienstag, wenige Minuten vor Mitternacht, anrief und mich rundheraus fragte: „Hast du Lust, für uns nach Holland oder Nicaragua zu gehen?“, war es nicht nur Überraschung, die mich keine Worte finden ließ. Restalkohol saß mir in den Gliedern und machte mich schläfrig. Weshalb malträtiert mich dieser ignorante Weißwurstfresser unmittelbar nach einer Intensivkur mit hypothetischen Fragen?

Gott, war ich müde. Und schlecht war mir ... wahrscheinlich das Klima. Wurden nicht mindestens zwei bis drei Jahre für den ETA-Auftrag veranschlagt? Bloß keine Hektik. Nicht heute. Überdies war Hektik in diesem Stadium ohnehin völlig fehl am Platz. Murmelnd bekundete ich mein Interesse, bat aber zugleich um Bedenkzeit, bis mein Auftrag abgeschlossen sei.

Schlag drei rief mich das Telefon erneut zu sich. Von der Toilette kommend tastete ich mich durch die dunkle Backstube in den von einer Straßenlaterne matt erhellten Verkaufsraum zu dem unter einem schweren Schatten verborgenen Hörer vor.
„Wolfi?“, fragte eine leise verschwörerische Stimme.
Scheiße, Wolfi. Mach mich nicht böse, nicht frühmorgens um drei.
„Wolf. Si!“, hauchte ich im selben Tonfall. Zweifelsohne musste das Ulli sein. Wollte mich wohl unterhalten. Jeden Moment hätte er durch die Tür kommen müssen.
„Ich werde in allernächster Zeit in Nerja und Marbella sein. Wir haben einiges zu besprechen. Halt dich bereit. Ich melde mich wieder“, und legte auf.
Ein Spuk im Morgengrauen. Nachdenklich schob ich den Hörer in die Halterung. Es war so weit.
Kurz darauf kam Ulli, und ich zu sechs Stunden Schlaf.

Zu gewohnt später Stunde fragte mich Seiler in der folgenden Nacht, ob ich noch mal in den Libanon gehen würde. Diesmal für den Bundesnachrichtendienst. Ich sagte ihm, dass Sorbete angerufen habe, und dass er in den Süden kommen werde. Seiler knurrte „Interessant“ und wiederholte seine Frage. Auch ich knurrte unzufrieden und gab ihm dieselbe Antwort wie schon einen Tag zuvor.

Er legte auf und setzte seine Bemühungen am Sonntag darauf fort. Diesmal, ob ich mir vorstellen könnte, nach Frankreich zu gehen.

Woher kam nur das mich überfallartig ergreifende Gefühl, Seiler entwickle sich zur Landplage? Obendrein hatte der Mann keine Ahnung, was ich mir alles vorstellen konnte. Meine Antwort blieb die Gleiche. Und weil die Gelegenheit nicht günstiger sein konnte, mahnte ich meinen ausstehenden Sold an. Länderquiz veranstalten, aber keine Kohle rüberschieben – das haben wir gerne.
„Kommt“, säuselte er und meldete sich ab.

Während der folgenden Woche löste ich keine Rätsel. Es waren wenig ergiebige Tage.

Peter, Rosi und Gregor unternahmen einen Trip nach Marokko. Und obwohl ich sogar auf die Lektüre des SPIEGEL verzichtete, um jede freie Minute die Hände zum Gebet falten zu können, wurden sie weder von der Polisario entführt noch verunfallten sie unter einer Herde spielerisch vergnügt um sich tretender Kamele.

Zweimal rief ich bei Sorbete an – einfach nur, um mich in Erinnerung zu bringen. Ansonsten drückte ich mich in meinem Büro, auf Teresa, in ihrer Cerveceria oder einer der zahlreichen Bars im Jachthafen von Estepona herum.

Sie kennen das vermutlich: Da zieht man um die Häuser und verspricht sich Gott weiß was. Auf dem Heimweg stellt man resignierend fest, dass außer den unzähligen Hallos und den vielen zurückgelassenen Taler eigentlich nichts war, was den Stellenwert hat, einen Platz im Erinnerungsarchiv eingeräumt zu bekommen. Das sollte sich am letzten Tag der Woche schlagartig ändern.

Nach vier kräftezehrenden Stunden Schlaf bei Teresa schlenderte ich gegen 9 Uhr zu meinem Wagen, der wie immer in der Gasse neben der Pasteleria parkte. Ich wollte nach Puerto Banus. Ein deutscher Diskothekenbesitzer, den ich einige Tage zuvor in der Piano-Bar im Jachthafen kennenlernte, bot mir einen Rausschmeißerjob an. Nicht das Gelbe vom Ei, ich weiß, aber sehr wichtig für mich. Wer einen Job hat, gerät mit unsinnigen Geschichten nicht in Erklärungsnotstand für seine Einkünfte. Und Sorbete oder einer seiner Bomben werfenden Freaks könnte eines Tages auf den Gedanken kommen, mich zu fragen (ausgerechnet mich), wie ich zu dem Geld, von dem ich lebe, komme.

Urplötzlich, mit einem Ruck, so als schlage sich der fehlende Morgenkaffee in einer Fortbewegungsblockade nieder, stand ich regungslos auf der Fahrbahn und sah auf mein kleines, nur noch wenige Schritte entferntes, rotes Auto. Glasscherben bedeckten den Asphalt vor ihm. Ich spürte das Aufsteigen der Tränen und arbeitete mich näher heran. Unzählige Glassplitter – auch im Inneren. Vor allem über die Rücksitze verteilt. Irgendein zittriger Nachtisch hatte das hintere Fenster auf der Fahrerseite eingeschlagen. Mein Magen ballte sich zur Faust. Tröstend legte ich die linke Hand auf das Dach meines unschuldigen Autos.

Welch übler Scherz. Wer nahm sich die Frechheit heraus, dir wehzutun? Ob Autoschieber, Junkie oder Zuhälter – sie kennen dich doch alle. Du warst ein Tabu für sie. Es zählte nichts.

Was kümmerte mich die Scheibe. Sie war zu ersetzen. Es war die bedrückende Leere des Kofferraumes, in den ich sah, die mir den Schweiß durch die Poren drückte. Er hatte die Lehne der Rücksitzbank heruntergeklappt, um sich meiner Heiligtümer zu bemächtigen.

Am Boden zerstört, zu keinem geordneten Gedanken fähig, öffnete ich die Tür und setzte mich in den Wagen. Mit bloßen Händen fegte ich Glasscherben aus dem Wageninneren. Wie im Trancezustand. Eine Stunde vielleicht, vielleicht auch etwas mehr. Ich weiß es nicht. Meine ungetrübte Erinnerung setzte erst mit dem Anzünden einer Zigarette wieder ein. Das warme Flämmchen des Feuerzeugs holte mich aus der Dunkelheit ans Licht. Ich wunderte mich, dass meine Hände feine Schnittwunden aufwiesen, aber keinen einzigen Tropfen Blut abgaben. Ebenso wie ich mich fragte, was dem Strauchdieb an meinem nagelneuen Ersatzreifen, dem hydraulischen Wagenheber, dem umfangreichen Werkzeug oder dem nicht ganz billigen Autoradio missfallen haben mag. Selbst das Handschuhfach machte ihn nicht an. Der Rotzlöffel verschmähte einfach all die netten Dinge, wonach ein gewissenhafter Autoknacker üblicherweise grapschte. Geschmack fand er ausnahmslos an meinen Gepäckstücken und dem Schlafsack. Nichts von alledem war von Wert, und doch schleppte er es fort. Was, zum Henker, lockte ihn auf die Fährte meiner Kleidung, Ausrüstung, Adressbücher und Fotoalben?

Ich weiß, was Sie jetzt denken: Autoeinbruch hat in Spanien eine lange Tradition mit Volkssportcharakter. Das musste dieser Trottel gewusst haben. Selber Schuld also, wenn der Blödmann sein Gepäck trotzdem im Auto lässt.

Nun mal langsam. Ich verwahre mich entschieden gegen diese Angriffe. Zum einen war mein Auto eine Tabuzone. Und jeder – na ja, fast jeder –, der dem Knacken und Ausweiden nachging, respektierte das. Mein kleines rotes Auto und ich, wir wurden nämlich zur Volksgruppe der Einheimischen gezählt. Jawoll! Und einem Einheimischen brach man nicht das Fahrzeug auf. Wo kämen wir denn da hin! Dafür boten sich reichlich Touristen an. Dennoch, und da pflichte ich Ihnen bei, gab es für meine Leichtfertigkeit keine Entschuldigung. Wohl aber eine, wie ich meine, plausible Erklärung: Der Druck, mit meinen Mitteln ökonomischer umzugehen. Letztlich gab wohl das Warten auf Seilers Zuteilung den Ausschlag. Um zu sparen, mietete ich mich nicht mehr wochenweise in Hotels oder Pensionen ein, sondern nur noch nach Bedarf. Ein Bedürfnis bestand etwa nach langen Disconächten oder ausgedehnten Kneipentouren. Mithin immer dann, wenn berechtigte Hoffnung auf ein wild-feuchtes Stündchen bestand. Während der trockneren Tage bunkerte ich mein Gepäck im Kofferraum und schlief bei Teresa. Selbstverständlich wäre es bei ihr sicherer aufgehoben gewesen. Vor Diebstahl ganz bestimmt, nicht jedoch vor ihren neugierigen Blicken. Teresa war eine wirklich nette Frau, gleichwohl gestattete ich niemandem, seine Nase in meine transportable Intimsphäre zu stecken. Darin war ich sehr eigen, müssen Sie wissen.

Copyright © 1993 - 2024 by Olaf W. Fichte, Germany. Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved. Der Roman Fechter beruht auf tatsächlichen Ereignissen.


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