Fechter

Psycho-Thriller nach wahren Begebenheiten

Über den Tatsachen-Roman

Auszüge aus dem Leben eines jungen Söldners.

Nach seiner Zeit bei der Fremdenlegion arbeitet er für jeden, der, wie er, sich gegen Terroristen wendet - und ihn dafür bezahlt. Ob z. B. im Libanon oder im Einsatz für Geheimdienste, Wolf Fechter, der Protagonist, ist Söldner aus tiefster Überzeugung.

Bis zu dem Tag, als man ihn zum Narren hält und sich weigert, ihn zu bezahlen.

Folgen Sie Wolf Fechter u. a. nach Spanien, in den Libanon, die Niederlande und durch Deutschland.

Der erfolgreiche Roman Fechter ist ein dynamischer Thriller, dessen Haupthandlungen sich in der Zeit von Anfang bis Ende der 1980er Jahre ereigneten.

Der Action-Thriller Fechter bietet Ihnen ein intensives Leseerlebnis.
Gebundene Ausgabe

Fechter

Psycho-Thriller von

Olaf W. Fichte

Fechter: Elfter Teil

Autor: Olaf W. Fichte (Kommentare: 0)

Als ich am letzten Tag in unserer KW mit Kerker eine abschließende gemeinsame Tasse Kaffee schlürfte, fragte ich ihn, warum sie sich so schwertäten, Terroristen den Hahn abzudrehen. Es seien doch nur eine Handvoll. Er lachte vergnügt und sagte, dass es ihm auch nicht gefalle, aber die Entscheidung liege bei der Politik. Die Aufgabe seines Nachrichtendienstes bestehe einzig und allein im Sammeln und Auswerten von Informationen. Ich solle diese Spinner nicht überbewerten. Man habe alles unter Kontrolle. Ein Anruf genüge, und er könne mir sagen, in welchem Pariser, Dresdner, Madrider oder auch Amsterdamer Straßencafé der eine oder andere Terrorist gefrühstückt habe. Ja, sogar (dabei leuchteten seine Augen), was sie zu sich nahmen und worüber sie sich unterhielten.
Ich errötete vor Begeisterung. Meine Lippen zitterten. Erregt bat ich ihn, anzurufen. In ein oder zwei Tagen würde ich den ersten vom Croissant knipsen. Doch Kerker weigerte sich, das Telefon, das ich ihm reichte, zu ergreifen und verwies abermals auf die Politik.

Aus naheliegenden Gründen musste ich mich mit seinem merkwürdigen Verhalten zufriedengeben, obwohl ich den Verdacht hatte, er wolle mich nicht an den Braten lassen, weil ich bei Weitem nicht so gut war, wie er immer wieder hervorhob.
Denn, unter uns gesagt, ich habe nie herausgefunden, wer dieser ominöse, unaufhörlich heranzitierte Politik war.
„Wie Sie sich letztlich auch entscheiden, vergessen Sie nicht, dass Sie auch nach Beendigung unserer Zusammenarbeit zur Geheimhaltung verpflichtet sind“, waren Kerkers Abschiedsworte.

Ich sagte ihm, was er mich könne, schnürte meinen Seesack, betankte den Wagen, füllte meine Thermoskanne mit extrastarkem Kaffee auf und schlich mich vom Schlachtfeld des schmutzigsten Krieges, den ich je erlebte, um in El Salvador ein reinigendes Bad zu nehmen.

Österreich – im Juli

Der Kaffee roch nach dem, was Pferde gelegentlich hinter sich lassen, und dass mit viel Liebe zum Detail angelieferte Catering schmeckte nach Kerosin und war allenfalls geeignet, einem magenkranken Studenten ein Völlegefühl vorzugaukeln.
Mäßig gelaunt landete ich in Salzburg, quetschte mich in ein klapperiges Taxi und ließ mich zum Hotel „Winklhofer“ in die Neutorstraße 9 chauffieren.

Da war es 19 Uhr und gesäßkalt. Strömender Regen prasselte auf das Pflaster vorm Hotel.
Ein stämmiges, unterm Speck vielleicht zwanzigjähriges, Fräulein mit ausgeprägter Gesichtslähmung hieß mich willkommen. Sie saß an der Rezeption und pflegte ihr chronisches Leiden. Unentwegt grinste sie mich an. Selbst beim Sprechen. Armes Ding. Ich stellte mich vor und bat um den Zimmerschlüssel.
„Fääääschtoor?“, wiederholte sie und blätterte einige Seiten in dem vor ihr liegenden großen dunkelblauen Buch zurück. „Nee. Nee ... Fääääschtoor, Fääääschtoor ... nee ... äu ja! Feeschtor! Wulf?“, und sah glücklich strahlend zu mir auf.
Zustimmung signalisierend wackelte ich mit den Augenbrauen – und ballte die rechte Faust. Zimmer 312 habe sie für mich reserviert. Ich nahm ihr den Schlüssel aus der feuchten Hand, eilte hinauf, nahm die Kammer in Augenschein und entkleidete mich. In teuren Hotels zieht man sich nicht einfach nur aus.

Erfrischt und gehobener Stimmung stellte ich nach knapp dreißig Minuten die Dusche ab und ging tropfnass zum Telefon. Seiler war dran. Er warte in der Lounge auf mich. Ich verstand Lunch und fragte mich, weshalb er mich zu vorgerückter Stunde zum Mittagessen erwarte.

Von der Treppe kommend, betrat ich die Hotelhalle. Ein großes Wort für ein kleines menschenleeres Karree. Den Oberkörper leicht nach vorn gebeugt, als kämpfe er gegen starke Winde an, kam ein lang aufgeschossener etwa dreiunddreißigjähriger Anzugträger zielstrebig auf mich zugesteuert. Seiler? Irgendetwas stimmte mit dem Klima nicht. Auch er grinste.
Ich sah an dem berufsmäßig fröhlichen Empfangsmädchen vorbei auf die goldgerahmte Uhr, die sich an der Wand hinter ihr zwischen einem Schwarz-Weiß-Foto des Hotels und einem Dreimonatskalender versteckt hielt.
Schlag 20 Uhr glitten unsere Hände ineinander.
„Bernhard wartet. Lass uns etwas essen gehen.“
Na, wenn das kein Vorschlag war.
Mein Freund schlenderte voraus, ich aufrecht im Regen hinterher. Wenige Gehminuten vom Hotel entfernt, hielt er mir die Tür zur „Gwürzmühl“ auf. Ein auf den ersten Blick gemütliches, rustikales Restaurant. Beim zweiten, geschärfteren Hinschauer überschlug ich in Gedanken meine mitgeführte Barschaft.

Bernhard saß im hinteren Teil. Ich erkannte ihn sofort. Außer dem Typ in der dunklen Ecke rechts hinten starrte kein anderer Gast ungeduldig zur Tür. Als er sich erhob, sah ich unauffällig an mir herab. Doch da war nichts, was da nicht sein sollte. Also, doch das Klima. Grinsend kam uns Bernhard auf halbem Wege entgegen, packte mich bei den Oberarmen und schüttelte mich, als wolle er mir ein Geständnis entlocken.
„Willkommen im schönen Salzburg! Flug und Hotel in Ordnung?“
Ich rückte meine Lederjacke zurecht.
„Wer zahlt den Spaß hier?“
Bernhard lachte, nein, er brüllte: „Nix Moos, hä? Das regeln wir schon!“
Gott, war mir das peinlich. Ich hörte demonstratives Besteckklappern und spürte die Blicke der anderen auf mir. Bernhard drehte Fransen seiner Lederweste um den linken Zeigefinger. Wickelte sie ab und drehte sie wieder auf. Seine Ähnlichkeit mit Spehr verblüffte mich: Größe, Körperbau, gepflegte Erscheinung und vor allem das jeden Blick auf sich ziehende schlohweiße Haar. Bernhard war etwas jünger, nicht viel, und verspielter. Spehr hingegen eher nüchtern.
„Unter Kollegen spricht man sich bei uns mit Vornamen an. Kannst Markus zu mir sagen.“
Wir saßen in der halbdunklen Ecke um den von Markus auserwählten Tisch. Er am Gang, Seiler zu seiner Linken und ich beiden gegenüber.
„Und ich bin der Martin.“
„Ah ja. Dann soll ich wohl der Wolf sein?“
Markus setzte den Maklerblick auf. Sie wissen schon: Dieses taxen des Marktwertes. „Das geht nicht.“
„Fechter. Wolf Fechter.“
„Du brauchst einen anderen Namen.“
„Aber ganz bestimmt nicht Wolfi. Ich habe nämlich einen Ruf zu verlieren.“
Markus sah zu Martin und Martin strich sich übers ausgedünnte Haupthaar.
„Wir haben uns Ossi für dich ausgedacht“, gestand er im Flüsterton an einem Pickel auf der Stirn kratzend.
„Wie komme ich zu der Ehre?“
„Weil du der Erste bist.“
„Der Erste was?“
„Der erste Ossi.“
Was sollte dieses dumme Geschwätz?
„Ich bin kein Ossi!“, protestierte ich lautstark.
Die Tische in unserer Nähe waren nicht besetzt. Dafür warfen entfernt siedelnde ihre mampfenden Gesichter herum.
„Jetzt schon.“
„Logisch.“
Spielt es eine Rolle, welchen Namen man trägt? Ich denke, nein. Allerdings hätte ich meinen Protest aufrechterhalten, wenn sie mich Herr Sechzehnmillionensechshundertsechsundsechzigtausendvierhundertzweiundsiebzig Schrägstrich neunzehnhundertneunzig getauft hätten. Besten Dank auch! Dann schon lieber Ossi.

Meine beiden Kollegen hielten sich bei ihren Bestellungen bescheiden zurück. Ich dagegen erinnerte mich an Markus Worte und verschlang ein überwältigendes, aus vier Gängen bestehendes Menü.

Wir plauderten, bis der pensionsberechtigte Ober meinen Espresso gebracht und das Geschirr mitgenommen hatte. Ich zündete mir eine Zigarette an, Markus befragte mich zu meinem davongelaufenen Leben und Martin notierte auf Umweltpapier.
Unser Treffen, erfuhr ich, finde in Salzburg statt, weil mich das Bundeskriminalamt einer revolutionären Zelle zurechne. Zwar habe man keine Kenntnis darüber, ob ich überwacht würde, aber auszuschließen sei es nicht, zumal die Einschätzung des BKA besage, dass von mir Anschläge zu erwarten seien. Dafür gebe es eine Reihe Anhaltspunkte. Insbesondere ein Vorfall in Ramstein. Weder heute noch in Zukunft würde ich in Deutschland einen Fuß auf den Boden bekommen, prophezeite Bernhard.

Demnach brach Kerker, der anfangs zusagte, mir würden keine Nachteile entstehen, sein Wort. Hatte ich etwas anderes erwartet?
Und das BKA? Kein wirklich ernst zu nehmender Gegner. Noch Mitte der 1980er Jahre tönten sie, es gäbe in Deutschland keine organisierte Kriminalität.
„Du warst in der Fremdenlegion, entnehme ich meinen Unterlagen.“
Unterlagen? Bernhard hielt ein mehrfach entfaltetes DIN A4-Blatt in Händen.
Wundern Sie sich bitte nicht über den einen oder anderen Gedankensprung. Mit unverkennbarer Vorliebe bediente sich Markus des unvermittelten Bernhardschen Themenwechsels.
„Mit sechzehn warst du schon dabei! A, da schau her! Ich war vierzehn, als ich von daheim weglief, um mich bei der Legion zu melden. Ich kam nicht weit. Es blieb ein Traum. Was haben deine Eltern gesagt, als du ausgebüxt bist?“
„Und Ihre?“

Da muss ich mal unterbrechen: Nicht, dass durch diesen geschliffenen Dialog der Eindruck entsteht, ich würde mit vollem Bauch patzig. Woher sollte ich denn wissen, was meine Eltern sagten? Wenn mich meine Erinnerung an sie nicht täuscht, bemerkten sie mein Verschwinden – wenn überhaupt – frühestens nach drei oder vier Tagen. Und da war ich schon weit genug entfernt, um ihre Entgleisungen zu vernehmen. Wieder gesehen habe ich sie seither nicht. Was soll das Ganze? Meine Familiengeschichte gehört nicht dahin. Sie ist eine andere.
„Seit wann stehst du in Diensten der Israelis?“
In Diensten? Bin ich ein Butler? Darauf fiel mir nun wirklich nichts Passendes ein. Ich schwieg, passte mich dem Klima an und lächelte vielsagend.
„Wenn wir eine Vertrauensbasis aufbauen wollen, musst du schon auch deinen Beitrag dazu leisten.“
„Vertrauen“, sinnierte ich, „Vertrauen“, atmete aus und verdrehte sinnbetörend die Augen.
„Ja, Vertrauen!“ Seiler sah von seinen Notizen auf, an mir vorbei. „Auch du hast einen Beitrag zu leisten.“
Ich zögerte den Bruchteil einer Sekunde, dann sah ich in sein haarloses Gesicht, setzte ihm ein verächtliches, von Speichel begleitetes „Vertrauen!“ mitten hinein und fuhr in besänftigterem Ton fort: „Mein Beitrag geht in Form von großzügigen Spenden an das Veteranenheim der Legion. Für euch bleibt nur der Rat: Macht eure verdammten Hausaufgaben. Es ist euer Job, am Zwickel anderer zu schnüffeln. Ende!“
Ist doch wahr.
Sie ließen von der Wade, in die sie sich verbissen hatten, nicht ab. Im Mittelpunkt stand weiterhin meine Vergangenheit. Gegen Ende der vierstündigen Aushorche befragte mich Markus zu den verschiedensten aktuellen politischen Themen. Augenscheinlich ein Loyalitätstest oder so was Dummes.

Wir verabschiedeten uns auf dem Parkplatz vor dem Restaurant. Meine Alkohole verschmähenden, nichtrauchenden, hutlosen Mönche rutschten saftlos in einen dunkelblauen BMW und fuhren in ihr Hotel. Sagten sie. Über den Ort schwiegen sich die Großmeister im Verschleiern aus. Seiler drohte noch, mich gegen zehn Uhr abzuholen – dann waren sie weg.

Nachdenklich trabte ich in mein Hotel und erteilte einen Weckauftrag für den kommenden Morgen. Und da ich nun mal ein helles Köpfchen war, wusste ich, dass mir Seiler den Weg zum Flughafen zeigen würde.

Ich war verärgert. Hätte ich doch nur mein Maul gehalten. Jetzt saß ich bis zum Hals in Ausscheidungen. Ich war in der Verfassung, mir auf der Stelle burschikos die Haare büschelweise vom Hintern zu reißen. Wenig spaßig, könnte man sagen. Wochen würden vergehen, bis ich einen neuen Auftraggeber aufgerissen hätte.

Copyright © 1993 - 2024 by Olaf W. Fichte, Germany. Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved. Der Roman Fechter beruht auf tatsächlichen Ereignissen.


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