Fechter

Psycho-Thriller nach wahren Begebenheiten

Über den Tatsachen-Roman

Auszüge aus dem Leben eines jungen Söldners.

Nach seiner Zeit bei der Fremdenlegion arbeitet er für jeden, der, wie er, sich gegen Terroristen wendet - und ihn dafür bezahlt. Ob z. B. im Libanon oder im Einsatz für Geheimdienste, Wolf Fechter, der Protagonist, ist Söldner aus tiefster Überzeugung.

Bis zu dem Tag, als man ihn zum Narren hält und sich weigert, ihn zu bezahlen.

Folgen Sie Wolf Fechter u. a. nach Spanien, in den Libanon, die Niederlande und durch Deutschland.

Der erfolgreiche Roman Fechter ist ein dynamischer Thriller, dessen Haupthandlungen sich in der Zeit von Anfang bis Ende der 1980er Jahre ereigneten.

Der Action-Thriller Fechter bietet Ihnen ein intensives Leseerlebnis.
Gebundene Ausgabe

Fechter

Psycho-Thriller von

Olaf W. Fichte

Fechter: Dreizehnter Teil

Autor: Olaf W. Fichte (Kommentare: 0)

Mit lässiger Eleganz vollführte ich drei gewaltige Schritte und stand an der Rezeption – vor ihr. Sie erschrak, riss Augen und Mund auf. Es wirkte einstudiert, aber mir war das gleich.
In Sekundenbruchteilen übertrug sich mein unverwechselbar charmantes Lächeln auf sie. Bingo! Ich hatte die Tür aufgestoßen und wusste, diese Nacht verbringt die nette Brünette in meinem Bau. Geschickt einen Interessenkonflikt, der ein vorzeitiges Aus des Gesprächs hätte bedeuten können, vermeidend, sagte ich, dass am morgigen Tag meine Abreise anstünde. Natürlich waren das nicht die Worte, die mir im Kopf herumgeisterten. Ihr fragendes Ja kam mit einem Hauch von Kamillentee und Knoblauch. Nicht irgendein beliebiges Ja. O nein! Ein vollendet sinnlich Gehauchtes, nach dessen allmählicher Abschwellung ich plötzlich Verständnis für Männer mit viel zu weiten Hosen aufbrachte. Jetzt nur nichts überlaufen lassen. Ich bat sie, dafür Sorge zu tragen, dass ich um sieben Uhr geweckt werde. Wieder dieses Ja. Mit Höflichkeit hatte das wahrlich nichts mehr zu tun. Das ging in vollendeten Hormonterror über. Unbeeindruckt von meinen Bemühungen nahm sie einen Notizzettel aus dem Einzigen zwischen uns Stehendem: einer Zettelbox der örtlichen Sparkasse. Sie notierte meinen Wunsch und ich überlegte fieberhaft, wie ich mehr als zwei Buchstaben aus ihr kitzeln könne. Eine Pause – der tödlichste Moment eines jeden Baggerführers – drohte. Um dem vorzubeugen, schnitt ich, wie beiläufig, an, dass die Rechnung bereits beglichen sei. Ein gerissener Schachzug! Einfach genial! Sie trat einen Schritt zurück, beugte sich gefährlich weit nach vorn und gewährte mir einen unerhört tiefen Blick unter ihre weiße Hemdbluse. Salzburg hatte weitaus mehr zu bieten als ödes Komponistennaschwerk. Bedauerlicherweise kramte sie nur wenige Augenblicke in dem Fach unter der Theke.
Die Zartheit des Bildes stand noch vor mir, als sie längst ein kleines rotes Büchlein vor sich ablegte, aufschlug und darin blätterte.

Mein Zimmer wurde gebucht, ja, nicht aber bezahlt, sagte sie und grinste auch noch dämlich. Das ging zu weit. Diese Art von Anmache schmeckte mir ganz und gar nicht. Was bildete sich dieser Trampel ein? Suchte diese Knoblauch fressende Bachstelze Streit? Verärgert wischte ich die Zettelbox beiseite, griff nach der roten Schwarte, drehte sie mit einem Ruck herum und sah selbst nach. In den Spalten hinter meinem Namen standen der Anreisetag, die Zimmernummer, die Nationalität und der Abreisetag. Alles säuberlich mit schwarzer Tinte in die Freiräume gemalt, nur kein Vermerk über eine Vorauszahlung. Schlagartig stieg meine Körpertemperatur. Jeder – fast jeder Muskel spannte sich. Wo bekomme ich Mozartkugeln her?

Ich ging auf mein Zimmer und stellte mich unter die Dusche. Erfrischend kaltes Wasser rann Gesicht und Brust hinab. Minutenlang stand ich mit hängenden Armen im Becken hinter einem weißen Plastikvorhang unter dem eisigen Strahl. Nach und nach entspannte sich meine Muskulatur; und die Körpertemperatur sank. Grübelnd seifte ich mich ein. Das Zimmer wurde gebucht, aber nicht bezahlt. Mein Ticket gebucht und bezahlt. Einen Kontrakt unterschrieb ich nicht. Ebenso wenig eine Quittung für das erhaltene Geld. Ergab das einen Sinn? Wahrscheinlich. Alles ergibt irgendwann einen Sinn, jonglierte man lange genug mit den Fakten. Doch stand ein Hochseilakt nicht auf dem Plan. Ich brauchte den Auftrag. Dank der kreislauffördernden Dusche kam ich zu der weisen Erkenntnis, dass nur ein Pfad in die Arena der Klärung führte: der Seilersche.

Nackt, nass und gestählt legte ich mich aufs Bett, griff nach dem Telefon und wählte. Er konnte unmöglich schon in München sein. Ganz ruhig. Sein mitteilsamer Telefonbutler schlug an. Besser als gar keine Unterhaltung. Ich trug ihm auf, Martin auszurichten, dass er mich wegen einer Komplikation bis zehn Uhr des folgenden Morgens anrufen möchte.
Ich legte auf, dehnte und streckte mich genussvoll, ehe ich mich nach einem zufriedenen Seufzer erhob und den Schrank öffnete. Abgesehen von einem kleinen weißen Stoffhäufchen war er leer. Inmitten dunklen Holzes bot mein einziger noch sauberer, ordentlich zusammengelegter, Slip einen echt scharfen Kontrast. Ich ergriff das Kleinod und stutzte. Sollten mir nicht hörbare Luftschwingungen entgegenschlagen? Ein Knistern vielleicht? Vorsichtig drückte ich es zwischen meinen Händen. Es blieb stumm. Wütend warf ich den Verhüller aufs Bett, nahm ihn wieder auf, schlüpfte hinein und machte mich auf die Suche nach dem verlorenen Schatz.

Leise über meine Dummheit vor mich hin fluchend durchsuchte ich den Schrank, zerwühlte das Bett, sah unter die Möbel und schüttelte die Handtücher. Nach fünfzehn Minuten brach ich die Fahndung ergebnislos ab. Die zehntausend Peseten – immerhin hundertsechzig Mark – blieben verschollen.
Um Verwechslungen mit den österreichischen Schillingen zu vermeiden, bunkerte ich tags zuvor die spanischen Peseten in meiner Unterhose. Reine Bequemlichkeit.
Mein erster Gedanke war, das Zimmermädchen aus ihrer ausgewaschenen Kittelschürze zu stoßen. Ich verwarf ihn, kaum dass er den Teil meines Hirns erreichte, der die Vernunft steuerte.
Dann lachte ich und schlug mir mit der flachen Hand sanft auf die rechte Wange.
„Recht geschieht dir Schachkopf! Das Luder wird den Idioten in ihrem Gedächtnis behalten, dem sie es abknöpfte und, wer weiß, die Scheine dankbar küssen, bevor einer nach dem anderen den Besitzer wechselt“, tröstete ich mich, zündete eine Zigarette an und ging zur Tür.
Ein gelber Zettel, kaum größer als ein zusammengefaltetes Papiertaschentuch, weckte meine wissenschaftliche Neugier. Noch am Morgen war an dieser Stelle nur ein silbrig glänzender Haken, an dem die Nacht über mein Zimmerschlüssel hing. Nun fragte ich mich, woher er kam und weshalb er so weit oben angebracht wurde. Ein alpenländischer Brauch? Irgendwas Religiöses oder so? „Hausordnung“, las ich laut und lächelte anerkennend. Was für eine clevere Putze. Das Hotel übernehme für im Zimmer zurückgelassene Wertgegenstände keine Haftung, las ich weiter und schwor feierlich, von Stund an jedem Hotelangestellten mit zwei funktionstüchtigen Armen mein unerschütterliches Vertrauen zu versagen.

Ich setzte mich auf die Bettkante, genehmigte mir eine neue Zigarette, atmete tief durch und rief in Estepona an, um Ulli meine Rückkehr anzukündigen.

Der Freitag begann als geschmacklose Kopie des Donnerstag. Anstatt vom Hotel geweckt zu werden, warf mich Seiler um zehn aus dem Bett.
„Es tut mir aufrichtig leid. Ganz ehrlich. Irgendwas ging mit der Bezahlung der Hotelrechnung schief. Wir hatten über ein Reisebüro gebucht. Offenbar haben die noch nichts ans Hotel überwiesen.“
Er gab noch eine Reihe weiterer Merkwürdigkeiten von sich. Ohne Vorwarnung, ohne Anrede, ohne einen freundlichen Morgengruß. Schlaftrunken, wie ich war, vermochte ich es nicht, ihm uneingeschränkt zu folgen. Außerdem lag mir der Verlust vom Vortag noch immer brikettschwer im Magen. Und der Telefonhörer machte mir auch zu schaffen. Immer wieder glitt mir dieser blöde unförmige, schwarze Plastikklotz von der Schulter.
„Hä?“
„Leg derweil die Rechnung aus.“
Der Mann mit dem zweiten Gesicht? Der, der wusste, weshalb ich ihn sprechen wollte.
„Was?“
Nur absolute Taubheit konnte mich vor drohendem Geldbeutelfraß retten.
Merkwürden schrie: „Streck den Rechnungsbetrag vor!“
„Wie komme ich dazu?“
„Unserer Freundschaft wegen.“
„Und wenn nicht?“
„Es ist ja wohl selbstverständlich, dass du das Geld von uns zurückbekommst.“

Eine halbe Stunde nach Seilers aufmunterndem Weckruf blätterte ich 1.050 Schillinge auf den Rezeptionstresen, knitterte die Rechnung achtlos in die rechte Hosentasche, warf meinen Sack über die linke Schulter und machte den Muck – grußlos, versteht sich. Ich war nämlich sauer.

Spanien – im Juli

Der Rückflug über Zürich und Madrid verlief planmäßig. Die Maschine setzte um 00:30 Uhr in Malaga auf.
Zu meiner großen Freude erwartete mich ein strahlender Ulli am Ausgang des Flughafens. Wir umarmten uns kurz und herzlich. Ich mochte diesen Riesen wirklich sehr. In seinem in die Jahre gekommenen roten Kadett öffnete ich meinen Seesack und ließ ihn einen Blick hineinwerfen. Ulli vollführte genießerische Gesichtsakrobatik und startete den Wagen. Als gestandener Konditormeister wusste er natürlich die Leckereien dieser Welt zu schätzen. Da war es nur selbstverständlich, dass ihn mein Mitbringsel entzückte.

Die knapp fünf Stunden, die mir vor dem Start blieben, verbrachte ich schlendernd in der Salzburger Innenstadt, bei einem kräftigen Mittagsmahl und mit dem Einkauf von fünf Kilogramm Mohn. Ich liebte saftigen Mohnkuchen mit riesigen Streuseln und viel Zucker darauf, kann ich Ihnen sagen. In Spanien war Mohn einfach nicht zu bekommen. Ulli versuchte es über seinen Großhändler. Doch der winkte ab: Mit Drogen handele er nicht. Ganz so abwegig war sein Ausbruch des Entsetzens nicht. Sehen Sie: In zwanzig gelben, nervtötend raschelnden Tütchen schleppte ich den grauen Rohstoff über Tausende von Kilometer mit mir herum. Wenn das keine Liebe war, musste es Sucht sein.

Estepona empfing uns mit einem farbenprächtigen Spektakel. Ein rauschendes Fest war im Gange, das in seinen Ausmaßen, in seinem Glanz alles mir bis dahin Bekannte übertraf. Der Ort tobte. Die Straßen bebten. Es schien, als sei jeder, vom Kleinkind bis zum Greis, auf den Beinen. Zwei Uhr am Morgen und keine Spur von Müdigkeit oder Erschöpfung in ihren Gesichtern.

Ausgelassen tanzten sie in grell bunten Kostümen singend durch die Gassen. Eine Augenweide. Wildfremde Frauen küssten mich. Wildfremde Männer küssten mich. Ulli kämpfte sich zur Pasteleria durch. Um Augen und Mund spielte ein zufriedenes Lächeln. Sein Arbeitstag begann. Er genoss es, zur Arbeit geknutscht zu werden – und ich bekam die Arme nicht hoch, um mir den Sabber aus dem Gesicht zu wischen.

Mein Versuch, ins Büro zu gelangen, scheiterte an der undurchdringlichen Menschentraube. Sie nahm mich auf. Bald schon ließ ich mich mitreißen, von ihrem Lachen, ihrer ungezwungenen Fröhlichkeit; erlag der Magie eines unvergesslichen, alles verdrängenden Moments. Begeistert gab ich mich dem befreienden Taumel hin und stimmte ein in ihren Gesang, den ich nicht verstand. Mein Stimmungspegel stieg, mein Herz raste, meine Augen füllten sich mit Tränen. Ich begriff nicht, was mit mir geschah. Wollte es auch nicht wissen. Ich lachte, sang irgendwelches Kauderwelsch und küsste wild um mich. Ein faszinierender Rausch packte mich auf einer faszinierenden Feria im faszinierenden Andalusien.

Copyright © 1993 - 2024 by Olaf W. Fichte, Germany. Alle Rechte vorbehalten. All rights reserved. Der Roman Fechter beruht auf tatsächlichen Ereignissen.


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